Wie man eine Zeichnung digitalisiert (für Fortgeschrittene)

Oft ist man als “altmodischer” Künstler mal an einer Stelle, an der man eine seiner Zeichnungen unheimlich gerne in den Computer packen würde, um anschließend tolle Dinge damit zu machen. Tja, wenn das so leicht wäre, denn einfach abfotografieren und hochladen genügt nur in den wenigsten Fällen.

Allerdings ist nur der Anfang schwer, denn weiß man einmal, wie es geht, ist auch eine selbst gemachte Vektorzeichnung gar nicht mehr in all zu weiter Ferne, die man dann beliebig vergrößern kann, um beispielsweise auf T-Shirts, LKWs oder kleine Space-Shuttles zu drucken.

Vektoren behandeln wir hier heute noch nicht, ich möchte zuerst einmal zeigen, wie man überhaupt eine normale Bleistiftzeichnung digitalisieren kann.

Das Programm, das ich dafür benutze, heißt Gimp und ist für jeden kostenlos erhältlich, da es ein Open-Source Projekt ist. Du kannst natürlich auch Photoshop nehmen – das hat ähnliche Möglichkeiten. Hier gibt es auch noch mehr Informationen zum Thema Digitales Zeichenstudio.

Die Idee

Besonders wenn du ein Kleidungsstück gestalten willst, musst du erst einmal eine Idee haben. Ich hatte zum Beispiel für dieses Tutorial die Idee, ein Schwein einmal in einer anderen Form zu zeigen als auf einem Teller umrandet von Salatblättern.

Mache dir vor allem konkrete Gedanken darüber, ob deine Zeichnung am Ende vielleicht nicht zu kleinteilig ist – also zu viele Details hat, die dann am Ende vielleicht nicht “rüberkommen”.

Auch sollte sie “kompakt” sein (für den Anfang jedenfalls), sodass du leichter mit ihr arbeiten kannst. Wenn du erst einmal etwas Übung hast, kannst du dich auch komplizierteren Projekten widmen.

Am besten ist es, wenn du deine Idee erst einmal grob skizzierst und dir dann vorstellst, wie es dann an dem Endprodukt (z.B. Shirt) aussieht.

Sobald die Idee ausgereift ist, kannst du weitermachen.

Die Bleistiftskizze

Such dir ein normales Blatt Papier heraus und einen Bleistift, mit dem du gut arbeiten kannst. Hierfür brauchst du wirklich kein Profi-Equipement, die Hauptsache ist, dass du am Ende gut deine Skizze sehen kannst.

Achte bei dieser Zeichnung besonders auf die Konturen und Binnenkonturen (die inneren Konturen) – die sollen wirklich gut ausformuliert und erkennbar sein.

Schattierungen kannst du selbstverständlich anbringen (zur Orientierung beispielsweise), aber für den nächsten Schritt brauchst du sie eigentlich nicht – daher kannst du sie auch einfach weglassen.

Wenn alle Konturen sicher stehen, hast du es geschafft und kannst zu dem (für mich jedenfalls) schönsten Schritt übergehen.

Das Line-Art

Für diesen Schritt brauchst du in erster Linie einen Stift, der gleichmäßige, dunkle Linien ziehen kann. Ich benutze dafür zum Beispiel eine Spitzfeder mit schwarzer Tusche. Du kannst aber genauso gut einen dunklen Stabilo (am besten schwarz), Tinte in einem Füller, einen CD-Stift oder einen dünnen Edding nehmen. Es ist eigentlich egal, solange die Linien damit gut werden.

Zum Übertragen der Zeichnung nehme ich starkes Transparentpapier für Bauzeichner. Das ist relativ teuer. Daher kannst du auch einfach normales Transparentpapier nehmen – wichtig ist bloß, dass das Papier die Farbe deines Stiftes nicht “aufsaugt” sodass die Konturen zu unscharf werden.

Arbeite dich beim Lining einfach Schritt für Schritt von links nach rechts vorwärts. Wenn du Linkshänder bist, anders herum. Wichtig ist, dass deine Linien schön sauber und klar sind (“clean”). Suchstriche sind hier tabu. :-)

Wenn du Schattierungen anbringen willst, musst du beachten, dass du nicht einfach wie beim Bleistift eine Fläche anmalen kannst – hier muss sie schraffiert werden. Und zwar sorgfältig.

Achte daher darauf, dass die Schraffuren schön parallel zueinander verlaufen und die natürliche Form deines Motivs nachahmen (Wenn du z.B. einen Ball schraffierst, kannst du nicht einfach gerade Linien ziehen, sondern musst sie so wölben, dass sie sich der runden Form des Balles anpassen.)

Sollen bestimmte Stellen besonders dunkel werden, kannst du die Kreuzschraffur verwenden, also circa im 90°C Winkel oder weniger die Schraffuren übereinander legen. Aber auch die Kreuschraffur muss sich an das Objekt anpassen.

Deine Zeichnung ist dann fertig, wenn sie genau die Konturen hat, die sie auch im der finalen Bilddatei haben soll.

Die Digitalisierung

Kommen wir zum Abschreckenden und letzten Schritt unserer Machenschaften: Der Digitalisierung deines Bildes.

Dazu musst du es zunächst einmal abfotografieren. Achte dabei darauf, dass es weder zu dunkel noch zu hell fotografiert wird und die Konturen klar und scharf erkennbar sind. Gelingt dir das, ist schon die halbe Arbeit getan. Ich persönlich habe übrigens keine besonders gute Kamera benutzt – vermutlich geht es sogar mit einer Handykamera.

Sobald du das Foto hast, lädtst du es auf deinen Computer und öffnest dein Bildbearbeitungsprogramm (ich benutze, wie gesagt, Gimp, aber Photoshop oder ähnliches geht natürlich auch.)

Zunächst solltest du das Foto auf eine handlichere Größe verkleinern (ich habe das ja im Video leider zuerst vergessen…). 1000 px Breite sollte genügen. Achte allerdings darauf, dass das Größenverhältnis gleich bleibt. Verkleinern kannst du Bilder bei Gimp unter → “Bild” → “Bild skalieren”.

Anschließend sollten die Konturen des Bildes geschärft werden, damit sie sich besser vom Hintergrund abheben und somit leichter “getrennt” werden können.

Dazu wählst du bei Gimp → “Filter” → “Verbessern” → “Unscharf maskieren” und stellst es so ein, dass du siehst, wie sich dein Motiv leicht vom Hintergrund abhebt. Konkretere Anweisungen kann ich an dieser Stelle nicht geben, weil sich das bei jedem Bild anders verhält. Spiel einfach ein wenig herum, bis du zufrieden bist.

Als nächstes soll das Motiv von seinem Hintergrund getrennt werden. Dazu muss das Bild (sofern es denn (wie bei mir) zu dunkel ist), aufgehellt werden. Wenn dein Bild schon hell genug ist, kannst du den Schritt überspringen.

Wähle unter → “Farben” → “Helligkeit/Kontrast” aus und stelle dein Bild so ein, dass deine Konturen schön dunkel bleiben, der Hintergrund aber heller wird. Anschließend klickst du unter → “Farben” → “Entsättigen” und hast dein Bild zusätzlich von jeder Farbe gereinigt.

Jetzt soll der Hintergrund endlich verschwinden. Wähle dazu links in der Werkzeug-Box den “Zauberstab” an und stelle die Toleranz so gering ein, dass er den Hintergrund so gut wie möglich anwählt, ohne dein Motiv anzugreifen. Wählt der Zauberstab auch deine Konturen an, ist die Toleranz zu hoch oder deine Linien sind nicht dunkel genug (in dem Fall → “Farben” → “Helligkeit/Kontrast” und den Kontrast erhöhen). Bleiben trotzdem noch Fetzen vom Hintergrund übrig, können die einfach wegradiert werden, wenn diese Fetzen nicht ausgerechnet an den Konturen des Motiv verlaufen. Wenn sie das tun, erhöhe den Kontrast und benutze den Zauberstab noch einmal.

Sobald das Bild von dem Hintergrund getrennt ist, geht es richtig los. Ich habe es dazu noch zusätzlich genauer ausgeschnitten mit dem “Rechteckige Auswahl” Werkzeug aus der Werkzeug-Box links. Anschließend habe ich den Inhalt des Rechtecks kopiert mit Strg C und unter → “Datei” → “Erstellen” → “Aus Zwischenablage” ein neues Bild geladen.

An dieser Stelle ging es mir nun darum, ein paar Wörter auf dem Körper des Schweins zu platzieren. Dazu habe ich die schöne Schrift “Oldstyle 1″ ausgewählt, eine passende Schriftgröße ausgesucht und die Wörter getippt. Für jeden Textabschnitt, den ich angebracht habe, hat Gimp eine eigene Ebene geöffnet, sodass die Wörter weiterhin bearbeitbar sind.

Sobald man mit dem schriftlichen teil fertig ist, die Wörter gut eingepasst hat und auch sonst zufrieden ist, kann man einen Rechtsklick auf eine der Ebenen machen und → “Sichtbare Ebenen vereinen” auswählen.

Es könnte sein, das dein Projekt damit schon fertig ist. Es kann aber auch sein, dass du, wie ich noch etwas Besonderes mit dem Bild machen möchtest. ich zum Beispiel wollte, dass es “alt” wirkt und habe daher unter → “Filter” → “Dekoration” → “Altes Foto” gewählt und den Filter drüberlaufen lassen.

Das Ergebnis hat mir gefallen, allerdings war mit der Hintergrund zu viel, weswegen ich ihn mit dem Zauberstab ausgewählt und mit “Entf” gelöscht habe.

Hier ist dann noch das Schlussergebnis!