Zeichen-Tutorial: Ein Gesicht zeichnen lernen

Bereits vor einiger Zeit hat mich einer der “Fans” meines Youtube-Channels gebeten, ein Zeichen-Tutorial dazu zu machen, wie man ein schönes Gesicht fehlerfrei zeichnen kann. Letztens kam die gleiche Frage noch einmal und so konnte ich mich nicht mehr weiter davor drücken ein Tutorial zu diesem Thema zu machen.

Dieses Video-Tutorial ist das erste bisher, bei dem ich nicht mit Untertiteln erkläre sondern mit meiner echten Stimme. Ich hoffe, es gefällt und es ist viel Lehrreiches darin enthalten.

And by the way: If you are no native speaker of the german language you might be interested in the english version of this tutorial: How to draw a human head (on Squidoo.com).

Das Gesicht verstehen

Will man ein richtig guter Zeichner werden, lässt es sich sicher nicht vermeiden, das Gesicht in seiner Herrlichkeit und Gänze zunächst einmal auf eine andere Art kennen zu lernen: auf die anatomische. Schau dir am besten auf Wikipedia und Co einmal ganz genau an, wie die Schädelknochen aussehen und zusammengesetzt sind, wie die Muskelschicht arbeitet, die über dem Knochen liegen und letztendlich wie die Gesichtsorgane (beispielsweise Ohren, Zunge und die Augäpfel) in diesem Knochen- und Muskelkomplex Platz finden.

Ich bin beispielsweise mit einem angehenden Chirurgen befreundet, bei dem ich immer wieder mit großer Begeisterung die Medizinbücher mit den anatominschen Zeichnungen studiere.

Wenn du erst einmal verstanden hast, wie alles, was unter der Haut liegt, zusammenspielt, hast du schon einen riesen Vorteil gegenüber fauleren Zeitgenossen, die einfach nur eine Technik lernen wollen, die möglichst schnell funktioniert…

Wenn du noch einen Schritt weiter gehen möchtest, kannst du dir einen Spiegel zur Hand nehmen und gezielt Grimassen schneiden, sodass du beobachten kannst, wie alles genau zusammen spielt. Wenn dir das zu blöd ist, kannst du dir auch einen Film mit einem ausdrucksstarken Schauspieler (Rowan Atkinson und Johnny Depp sind gute Beispiele) anschauen und sehen, wie sich seine Mimik ergibt. Beobachten ist ein großer Schlüssel zum zeichnerischen Erfolg.

Orientierungslinien

Kommen wir nun zu dem Punkt, der dich vermutlich hierhin verschlagen hat: Du willst lernen, wie du narrensicher ein Gesicht zeichnen kannst.

Gesichter sind glücklicherweise sehr symmetrisch und regelmäßig aufgebaut. Bei einem mehr, beim anderen weniger. Merke dir immer bei den folgenden Erklärungen: Ich erkläre und zeige dir hier, wie man einen idealen Menschen zeichnet. Einen idealen Menschen mit perfekt symmetrischem Gesicht. “Echte” Menschen haben immer gewisse Abweichungen vom Ideal, die sich individuell aussehen lassen. Und eigentlich macht es viel mehr Spaß, die Ausnahmen von der Regel wahrzunehmen und zu zeichnen als typische Standartgesichter. Mir jedenfalls.

Als Basis für jedes Gesicht dient erst einmal ein Ei – ein Oval also. Dieses Oval halbierst du einmal genau auf der Mitte. Von dieser Mitte aus misst du die Abstände der Augen, der Mundwinkel und so weiter. Außerdem verläuft der Nasenrücken auf ihr.

Die zweite Linie halbiert das Gesicht auf der Horizontalen. Auf dieser waagerechten Mittellinie liegen die Augen der meisten Menschen.

So, jetzt haben wir schon die wichtigsten Linien geklärt. Fügen wir noch 3 hinzu. Lege ungefähr fest, wo der Haaransatz des Menschen liegt (oder wo er wäre, wenn er Haare hätte) und drittle von da aus den Bereich bis zum Kinn. Du wirst sehen, dass die eine Linie genau anzeigt, wo die Nasenspitze endet und die andere auf den Augenbrauen liegt.

Wenn man die Augen zeichnet, sollte man immer wissen, dass zwischen den Augen noch einmal eine Augenbreite liegt. Miss diesen Abstand am besten mit deinem Bleistift und zeichne die Augen nicht zu groß, da müssen ja auch noch Augenlider und Wimpern hinzu kommen.

Wenn die Augen genau geradeaus blicken, kannst du von der Innenseite der Iris, die Richtung Nase zeigt einen Strich nach unten ziehen. Auf Höhe des Mundes markiert dieser Strich, wo bei einem entspannten, neutralen Gesicht die Mundwinkel sind.

Noch ein wenig Magie zum Schluss. Jetzt, wo du weißt, wo Augen und Nasenspitze liegen, kannst du die Ohren einzeichnen, die immer genauso groß sind, wie die Nase. Also von der Nasenspitze bis zu knapp unter den Augenbrauen.

So, das sind erst einmal genug Linien. :-)

Nach dem Strich

Wenn das Strichchaos erst einmal gebändigt ist und du ein wenig Übung erlangt hast, geht dir alles automatisch von der Hand, bis du die Striche (wie die Stützräder beim Fahrrad) nicht mehr brauchst. Ich persönlich benütze eigentlich immer nur die vertikale und waagerechte Mittellinie zur Orientierung und setze den Rest nach Gefühl.

Wichtig ist jedenfalls, dass du bei deinen Skizzen einen “harten” und “hellen” Bleistift benutzt, mit dem du die Striche so leicht wie möglich machst. Wenn erst einmal Einkerbungen im Papier sind, kriegst du das Graphit vielleicht wieder wegradiert, aber die Einkerbung bleibt und macht dir das Schattieren (und letztendlich das Verkaufen) des Bildes deutlich schwerer.

Ich empfehle dir übrigens, deine Skizze nicht mit einem handelsüblichen Radierer wegzuradieren, sondern vorsichtig mit einem Knetradierer wegzutupfen oder streichen. Dadurch vermeidest du Knicke und nervige Schmierereien.

Ich hoffe, du konntest einiges heute lernen und schreibst mir einen netten Kommentar, wenn du Fragen oder Vorschläge hast!